Der Fall aus der kleinen Ostschweizer Gemeinde Wattwil machte national Schlagzeilen: Die Beiständin eines 83-Jährigen veräusserte das Vermögen der Familie, um das Pflegeheim für den betagten Mann zu bezahlen. Doch: Die Kesb-Beamtin verkaufte weit unter Wert.

Ein altes Patrizierhaus mit Umschwung für CHF 900’000.00, ein Grundstück für Landwirtschaft für CHF 40’000.00 – die Beiständin habe Preise weit unter dem Marktwert akzeptiert, um die Schulden für die monatlichen Heimkosten des 83-Jährigen zu finanzieren. Die Konsequenzen trägt nicht nur der urteilsunfähige Eigentümer, sondern auch seine Angehörigen. Das Vermögen verringert sich, ohne dass die eigene Familie darauf Einfluss nehmen kann.

Dies hätte aber verhindert werden können – mit einem Vorsorgeauftrag. Anhand eines Vorsorgeauftrages kann eine handlungsfähige Person eine bzw. mehrere Person/en beauftragen, im Falle ihrer Urteilsunfähigkeit die Vermögens- und Personensorge im gewünschten Umfang zu übernehmen. Zudem kann die Patientenverfügung, welche Anordnungen zu den medizinischen Massnahmen enthält, direkt im Vorsorgeauftrag integriert werden. Dadurch wird vermieden, dass die Behörde über diese Belange entscheidet.

Im konkreten Fall hätte der 83-Jährige für die Vermögenssorge bspw. seine Kinder als Bevollmächtigte einsetzen können. Dadurch hätten seine Kinder die Entscheidbefugnis über das Vermögen ihres Vaters inne gehabt und hätten demzufolge auf den Verkauf der Grundstücke Einfluss nehmen und einen Verkauf unter dem Marktwert verhindern können. Der vorliegende Sachverhalt zeigt beispielhaft auf, dass es sich lohnt, frühzeitig einen Vorsorgeauftrag aufzusetzen.

Aber Vorsicht! Auch bei der Erstellung eines Vorsorgeauftrages gilt es einiges zu beachten. So hielt die KESB erst kürzlich in einem Validierungsentscheid fest, dass wenn in einem Vorsorgeauftrag, in dem sich die Ehegatten jeweils gegenseitig als beauftragte Person einsetzen und eine Liegenschaft in gemeinschaftlichem Eigentum besitzen, ein Interessenskonflikt vorliegen könne. Wäre dem so, würde die KESB die Einsetzung des Ehegatten nicht akzeptieren. Die Folge daraus wäre, dass wiederum die KESB entscheidet und einen Beistand für den Urteilsunfähigen einsetzt. Die KESB könnte  folglich wie im vorgängig geschilderten Fall der Familie Rechsteiner nach eigenem Ermessen über das Familienvermögen, insbesondere über Liegenschaften des Urteilsunfähigen, verfügen und diese veräussern.

Die Vorgehensweise der KESB lässt Zweifel entstehen. Setzt man den Ehegatten im Vorsorgeauftrag ein, möchte man im Falle des Eintritts der Urteilsunfähigkeit durch ihn vertreten werden. Weshalb in einem solchen Fall per se ein Interessenskonflikt vorliegen soll, ist dagegen nicht nachvollziehbar. Zudem ist die KESB diesbezüglich auch nicht konsequent: Warum sollte ein Vorsorgeauftrag nur für ungültig erachtet werden, wenn die Ehegatten gemeinsam eine Liegenschaft besitzen? Wäre dies nicht auch dann der Fall, wenn sie gemeinschaftliches Eigentum an Aktien, Autos oder Bildern hätten? Würde es dann aber überhaupt noch Sinn machen, den überlebenden Ehegatten als beauftragte Person einzusetzen oder wäre das Risiko zu gross, dass der Vorsorgeauftrag als ungültig erklärt wird? Dies würde den Sinn und Zweck eines Vorsorgeauftrages aber gerade unterlaufen.

Um solche Diskussionen mit der KESB und das Risiko eines ungültigen Vorsorgeauftrages zu vermeiden, ist es lohnenswert, wenn man sich bei der Aufsetzung eines Vorsorgeauftrages von einer Fachperson beraten lässt. Gerne unterstützt Sie unser Notariat jederzeit bei der Beratung und Erstellung eines Vorsorgeauftrages.